Samstag, 6. September 2008

Von Wohnung zu Wohnung mit und ohne Supervisor Jacky


Der Wohnungsagent, an den wir uns gewandt hatten, heißt „Jacky“, der über das Forum www.kaohsiungliving.com unter dem Aliasnamen "JackyGolf" seine Dienste anbietet.

Wir sollten jedoch aufpassen, so eine Nachricht eines anderen Forumsmitgliedes: „Don’t go with Jacky Chen, he’s a waste of time!“. Da sich diese Warnung aber auf den Namen Jacky Chen und nicht auf JackyGolf bezog, ließen wir uns auf ihn ein, schließlich gibt es wahrscheinlich 100.000 Jackys auf Taiwan, wer sagt uns denn, dass es sich hierbei um DEN Jacky Chen handelt?!... seine Visitenkarte, die wir in seinem Auto – er hatte uns nämlich als Serviceleistung vom Hostel abgeholt – überreicht bekamen!

Oha, dachten wir dann… da sich die ausgesprochene Warnung aber weniger auf Jacky selbst sondern eher auf die durch ihn angebotenen Mietobjekte bezog, er einen sympathischen Eindruck machte und wir ja sowieso nix besseres mit unserer Zeit anzufangen wussten, sind wir nicht gleich mit einer Judorolle aus seinem fahrenden Toyota gehechtet.

Zu Beginn unseres Termins riet er uns sogleich von den von uns gewünschten Stadtteilen („Gushan“ und „Yancheng“) nahe der Uni ab, weil dort Wohnungen und Umgebung sehr alt und heruntergekommen seien. Stattdessen hatte er vor, uns etwas weiter in der Innenstadt gelegene Mietobjekte zu präsentieren.

Auf unser Bestehen hin bot er jedoch an, uns ohne weitere Kosten beim nächsten Termin, wie von uns gewünscht, uninahe Wohnungen zu zeigen.

Die nächsten 2 Stunden fuhr er uns also für ein Honorar von umgerechnet ca. 20 € durch die Stadt, um uns 3 Wohnungen in allesamt durch Pförtner bewachten, modernen Hochhäusern zu zeigen.

Jacky hat übrigens anscheinend ein Lieblingshochhaus, indem er uns eigentlich nur 1 Wohnung im 9. Stock zeigen wollte, die zwar sehr schön, aber leider viel zu klein war. 1 Zimmer, bestehend aus Küche, Wohnbereich und einer höher gelegenen Schlafebene und 1 Badezimmer… zu klein für uns – evtl. möchte Sönke hier ja auch deutsch oder Gitarre unterrichten und da wäre ein zusätzliches separates Zimmer schon sehr von Vorteil, wenn Ie-Chen nicht immer oberlehrerinnenmäßig daneben sitzen soll (würde sie nie tun!!!) Vielleicht sollte sie sich dafür auch eine der hier so gerne getragenen Hornbrillen und eine Bambusrute besorgen?! ;o)

Jacky wusste sofort Abhilfe zu schaffen und organisierte spontan eine zweite Wohnungsbesichtigung 3 Etagen tiefer. Dieselbe Wohnaufteilung, alles etwas größer und zusätzlich ein separates Zimmer. Wir hätten zugeschlagen, wäre da nicht der Preis von ca. 300 € gewesen. Das fand auch Jacky für diese Wohnung zu viel.

So fuhr er uns also wieder vor die Tür unseres Hostels und wir verblieben mit einer Verabredung für den folgenden Tag.


Wir also im Anschluss auf eigene Faust los in die Stadtteile unserer Wahl. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Beim Durchsuchen der Internetangebote (alles chinesisch!) stießen wir auf eine schon alte Bekannte… Wohnung. Hatten die Vermieterin, Frau Lavande Sung, schon vor unserer Abreise in Deutschland per E-Mail angeschrieben, jedoch keine Antwort erhalten. Nun war die Wohnung immer noch (oder schon wieder?) im Angebot.

Ie-Chen hatte bereits am Donnerstag den Telefonhörer bemüht und einen Termin für heute Vormittag um 10 Uhr verabredet.

Was soll man sagen… traditionelles Wohnviertel, Uninähe, nette Nachbarin, alles da! Die im 3. OG gelegene Wohnung (ca. 70qm, 3 Schlafzimmer, 2 Bäder, helles Wohnzimmer mit Küche) an sich war in Ordnung, wenn auch ob der noch dort hausenden Vormieter sehr verdreckt (die Vermieterin bot aber sofort an, die Wohnung vor Übergabe grundreinigen zu lassen). Ansonsten war der Zustand der Wohnung zwar nicht der Hammer, aber richtig „alt“ konnte man das auch nicht nennen. Die Umgebung allerdings… über den Abwasserkanal, der direkt unter dem Fußweg zum Haus verläuft, hätten wir für umgerechnet ca. 220 € Miete noch großzügig hinweggerochen (im 3.OG war davon eh nichts zu bemerken), wäre da nicht der Ausblick, der sich vom Balkon aus offenbarte: Im Hintergrund der Hafen (schön!), im Vordergrund (ca. 70m Entfernung vom Haus) jedoch ein ganz besonderes taiwanisches Kleinod: ein Umspannwerk… ob das wohl die deutschen Grenzwerte nach DIN einhält?! Jedenfalls bekamen wir stehenden Fußes alle dadurch bedingten, empirisch ungesicherten Krankheiten auf einmal und das so-fort! „Fort“ war dann auch das Stichwort…

Beim nächsten Telefonat mit einem anderen Vermieter, wurde Ie-Chen erst einmal am Telefon auf taiwanesisich vollgeschwallert. Erst nach gefühlten 20 „Tingbudongs“ (dt: „kannitverstaan“) fing Herr Huang (dt.: Herr Gelb) endlich an, mit Kauderwelsch aufzuhören und Mandarin zu sprechen, nur um bei der darauffolgenden Begegnung angesichts Ie-Chens (Zitat Jacky: „Ho! You look like our people here!“) wieder ins alte Muster zurück zu verfallen.

Hierzu sei angemerkt, dass sich Taiwanesisch zu Mandarin ungefähr so verhält wie Dänisch zu Deutsch. Es handelt sich zwar um verwandte Sprachen, was jedoch nicht heißen muss, dass man sich gegenseitig versteht. Erst recht nicht, wenn man eine der Sprachen gar nicht und die andere nur in Grundzügen beherrscht!

Herr Huang zeigte uns eine riesige, dabei jedoch spärlich eingerichtete, lagerhallenähnliche Wohnung in einem typischen taiwanischen Altbau. So riesig die Wohnung auch war (geschätzte 120 qm), so dunkel war sie leider auch. Die zwei kleinen Fenster vermochten sie genauso wenig zu erhellen wie der geringe Preis (ca. 170 €) unsere Gemüter, denn wir fühlten uns beklemmt. Nichtsdestotrotz hatte die Wohngegend einen gewissen oldschooligen Charme mit ihren diversen Garküchen, Werkstätten und Hinterhöfen.

Wir mussten eingestehen, dass Jacky mit seiner Bewertung der Wohnsituation recht hatte und riefen ihn gleich an, um ihn zu seiner großen Freude unsere geänderten Pläne mitzuteilen. Am nächsten Tag sollte es also wieder in die innenstadtnäheren Gebiete gehen...

Jacky mit uns und HH-Cap

Tag 2:

Jacky holte uns wieder vom Hostel ab, und 1. Station war erneut besagtes Hochhaus, diesmal der 11. Stock, wo uns aber wieder eine 1-Zimmer-Wohnung präsentiert wurde. Häh?! Hatten wir nicht gestern gesagt, dass uns das ZU KLEIN ist… sprechen wir chinesisch oder was?!

Offenbar nicht, denn in die beiden folgenden Wohnungen hätte die 1. wohl mehrfach hineingepasst. Vor allem eine etwas weiter weg vom Stadtkern gelegenene, die neben 3 Schlafzimmern, jeweils mit Doppelbett, ein weiteres ca. 50 qm großes Master-Schlafzimmer mit eigenem Badezimmer aufwies… natürlich auch noch ein entsprechendes Wohn-/Esszimmer, Küche und ein weiteres Badezimmer. Das alles für ca. 330 €. Der Vermieter wünschte sich übrigens entweder eine Familie oder aber ein Paar als Mieter… das hieße wohl im Nullkommanix mind. 3 Kinder machen oder uns klonen, damit wir uns in den heiligen Hallen nicht so alleine fühlen.

Warum keine WG? Ist doch reichlich Platz! Offenbar hatten die Vormieter genau diese Idee, und gründeten dort spontan Party- Kommune 2… der Vermieter war darüber not amused!

Auch diese Wohnung hätten wir genommen – der Preis war für das Gebotene lächerlich gering – wenn sie nicht am Arsch der Heide liegen würde und nicht so'ne schlechte Verkehrsanbindung hätte.

So fiel unsere Entscheidung zu Gunsten der vorher gesehenen Wohnung aus, die zwar auch nicht direkt neben der Uni liegt, aber von der wenigstens eine Buslinie direkt dorthin führt.

Jackys Service enthielt nach unserer Entscheidung noch die Mietvertragsabwicklung inkl. Dolmetschen und Mietpreiskorrektur (zu unseren Gunsten, versteht sich), sowie eine Essenseinladung in eine traditionelle Garküche mit anschließendem Transfer der frischgebackenen Mieter samt Gepäck in die neue Wohnung, in der die offizielle Übergabe stattfand. Wir hatten wohl ziemliches Glück, denn offenbar macht er das nicht für jeden. Mmmmh, was würde man wohl in Deutschland für 20 € an Service bekommen…?! Man muss allerdings dazu erwähnen, dass zurzeit ein ziemliches Überangebot an Wohnungen in Kaohsiung besteht, man findet an fast jeder Ecke Schilder mit Telefonnummern, die auf eine zu vermietende Wohnung verweisen. Jacky wird sich für die Bezahlung seines Services also mit Sicherheit vor allem an den Vermieter Herrn Lin (dt: Herr Wald) wenden.

Dieser ist ein freundlicher, offensichtlich wohlhabender Herr von schätzungsweise mindestens 80 Lenzen, der wohl Mitleid mit der armen Ie-Chen hatte, die fern der Heimat aufwachsen musste, dadurch nur unzureichend Chinesisch gelernt hat und sich nun nach langen Jahren voller Sehnsucht endlich diesen teuren Wunsch erfüllen kann. Dieser Umstand und Jackys Einsatz für uns bewirkten immerhin, dass Herr Lin anbot, uns die Wohnung zu einem um 1200 Taiwandollar (ca. 26 €) geringeren Preis zu überlassen. Seine Frau, die uns während der Verhandlungen mit Kirschsaft versorgte, bekam jedenfalls augenscheinlich starke Kopfschmerzen, als sie von diesem Angebot an uns hörte, schließlich haben die vorigen Mieter noch 3000 Taiwandollar mehr als wir bezahlt.

Montag haben wir übrigens eine Verabredung mit Jacky, um einen Telefon/TV/Internet Anschluss zu beantragen. Er holt uns natürlich ab und fährt danach noch mit uns ins Einkaufszentrum, damit wir ein Bettlaken kaufen können. Überflüssig zu sagen, dass er weiterhin als Ansprechpartner zur Verfügung steht, sollte einmal irgendetwas mit der Wohnung sein.

Danke Jacky!


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Na, jetzt gehört Ihr aber zum Establishment, meine Lieben! Wohnung mit Pförtner und so´m Zeug ( wozu braucht man bei den dortigen Temperaturen einen Wäschetrockner?!? )! Echt megacool, die Wohnung!!! Ich freue mich sehr für Euch - auch wenn Ihr den Pool nur 2 Monate nutzen könnt.... Als nächsten Eintrag wünsche ich mit mehr Informationen über Eure Zusammentreffen mit den Eingeborenen! Wie entzückend die aussehen mit einem Hamburg-Käppi! :-))

Anonym hat gesagt…

nachdem wir Gro-Markt hinter uns haben und wieder wach sind mussten wir uns entscheiden.... Entweder Manu in Husum oder Eure neuen Blog Eintræge...
Für was haben wir uns wohl entschieden.......
Genug Platz habt ihr ja....
schaun wir mal.
Warum eigentlich nur Juli und August? Wasserknappheit
vi se´s
hilsen
Jørgen

Anonym hat gesagt…

wenn man bei 100% Luftfeuchtigkeit nicht 4 Tage auf trockene Wäsche warten will, ist ein Trockner schon ganz gut ;)