[von sönke]
Ein wenig wehmütig war uns schon zumute, als wir uns am Flughafen von Kaohsiung und unserer lieben japanischen Komillitonin Zhizi verabschieden mussten,
aber nach all dem Pack- und Organisationsstress waren wir doch froh, als wir letztendlich mit einer zweimotorigen Propellermaschine gen Penghu abhoben.
Dieser taiwanische Archipel liegt im Südchinesischen Meer zwischen Taiwan und China, eine halbe Flugstunde von "Festland" Taiwan entfernt. Izn Mutter begleitete uns, denn sie ist dort geboren und nahm die Gelegenheit war, ihren Vater in ihrem Heimatdorf zu besuchen. Wir wussten noch nicht so genau, wo wir uns einquartieren wollten und hatten den Plan, uns erst einmal umzusehen, ob sich eine Unterkunft am Strand finden ließe.
Am Flughafen auf Penghu angekommen wurden wir sogleich in der Empfangshalle von einem verschwitzten, stinkenden, betelnusskauenden Taxifahrer bedrängt, bloß schnell unsere Sachen in sein Taxi zu packen, er wolle uns fahren, wohin auch immer. Wir lehnten dankend ab, denn wir wollten zuerst am Touristen-Informationsschalter in Erfahrung bringen, ob sich ein unseren Wünschen entsprechendes Hotel finden ließe. Der Taxifahrer erwies sich jedoch als hartnäckig, immer wieder unterbrach er unseren Dialog mit dem Infoschalter-Personal, wir sollten endlich losfahren, so dass wir nach einer Weile etwas genervt reagierten.
Just zu diesem Zeitpunkt teilte uns Mama Hsu, die sich all die Zeit über dezent im Hintergrund gehalten hatte, ganz beiläufig mit, dass der Taxifahrer übrigens ein alter Schulkamerad von ihr sei, sie habe ihn gebeten, uns abzuholen und uns herumzufahren, bis wir ein schönes Hotel gefunden hätten...
Großartig, das hätte man ja nicht vorher sagen können. Wir stiegen kleinlaut ins Taxi, der Fahrer fuhr uns fröhlich mit Mama Hsu auf taiwanisch schnatternd durch die Gegend und wir fanden bald eine Bleibe.
Die Hotelbesitzerin fuhr uns gleich zum Mopedverleih, und so waren wir mobil, um zum Strand zu fahren, denn das einzige Hotel direkt am Strand hatte nur noch riesige Familiensuiten frei und war uns zu teuer.
Auf dem Wasser wurde ordentlich gesurft, denn es wehte ein leichter ablandiger Wind und es liefen kleine, aber dafür sehr saubere Wellen an den Strand.
Leider währte dieser Zustand nur unseren Ankunftstag, so dass wir keine Möglichkeit zum Wellenreiten mehr bekamen, aber ein schöner Anblick war es allemal. Am Abend fuhren wir nach Magong, der einzigen Stadt auf Penghu, und schlugen uns die Bäuche mit frischem Seafood voll.
Vor den Restaurants stehen Aquarien mit allerlei Meeresgetier, man zeigt auf ein Exemplar seiner Wahl und bekommt dieses alsbald wahlweise gekocht, gebraten oder gegrillt appetitlich auf einem Teller angerichtet, herrlich!
Ein kulinarischer Genuss der besonderen Art wurde uns zuteil, denn wir bekamen das Blut der von uns bestellten Languste in einem Glas mit Reiswein an den Tisch gebracht! Die bläulich schimmernde Substanz schmeckt wie Meerwasser, ist aber wahrscheinlich äußerst gesund...
Mit einem Kuchen zum Nachtisch restlos abgefüllt ging es zurück ins Hotel.
Beim Frühstück am nächsten Morgen fühlten wir alle drei uns an Urlaube an der Nordsee erinnert, und irgendwie ist die Stimmung auf den Penghu Inseln tatsächlich ein wenig mit Dänemark, Amrum etc. vergleichbar: kaum Straßenverkehr, kaum Bäume, immer eine leichte Brise, saubere Luft und ein irgendwie tiefenentspanntes Gefühl...
Nur das Wetter ist viel wärmer, die Preise viel niedriger, und die vielen Tempel scheinen auch nicht so recht ins Bild zu passen...
Wir sattelten unsere Leihmopeds und brachen auf zur großen Inselumrundung: Von einem Ende zum anderen sind es etwa 40 Kilometer, eine gute Distanz für eine Tagestour.
Weiße Sandstrände, einsame Buchten mit Korallenriffen und Basaltklippen wechseln sich ab,
skurrilerweise fanden wir unweit des größten (und schönsten) Strands der Insel eine militärische Gedenkstätte.
Panzer, Raketen, Haubitzen und Düsenjäger erinnern daran, dass der Feind in Form des "großen Bruders" VR China hier aus dem Westen kommt.
Eine eigentümliche Atmosphäre allemal, beim weiteren Erkunden der Anlage, die eine (kleinere) Kopie der Chiang Kaishek Gedenkhalle in Taipeh beherbergt,
fanden wir jedoch auch einen schönen Kakteengarten und einen hübsch angelegten Teich im japanischen Stil, so dass man die schweren Waffen glatt ausblenden und sich vom Wellenrauschen einlullen lassen konnte. Das war dann auch das Stichwort, und wir nutzten die Gelegenheit zu einem Bad im mit 27 Grad angenehm temperierten Meer.
Wir setzten unsere Inselerkundung fort und besuchten am Abend Mama Hsu in ihrem Heimatdorf Shili,
wo wir auch Izns Großvater kennenlernten, den sie vor über 20 Jahren, bei ihrem 1. Taiwanbesuch, zum letzten Mal gesehen hatte. Dieser erfreut sich trotz seiner 80 Lenze bester Gesundheit und nutzte die Gelegenheit, mit uns über den nächtlichen Strand zu spazieren.
Einzig bei der anschliessenden obligatorischen Seafood-Schlacht
musste er sich durch Izns Onkel vertreten lassen, da er spätes Essen nicht gewohnt ist.
Wir ließen den Abend nach taiwanischer Sitte ausklingen und machten es uns auf kleinen Plastikhockern vor Mama Hsus Elternhaus bequem.
Am nächsten Tag schwangen wir uns wieder auf unsere Mopeds, um einen 400 Jahre alten Tempel zu besichtigen, der selbstverständlich Mazu, der Meeresgöttin gewidmet ist.
Es folgte ein Besuch des Aquariums, in dem allerelei Meeresgetier zu bewundern ist, welches sich in den Gewässern um Penghu tummelt.
Als letzte Attraktion stand ein Besuch eines riesigen Banyan Baumes an, der in einen Tempel übergeht.
Es ist kaum zu glauben, dass es sich nur um einen einzelnen Baum handelt, er bildet eine große, grüne Halle. Damit er nicht zusammenbricht, wird er von einem System von Rundbögen gestützt.
Natürlich darf an so einem Ort auch keine kulinarische Spezialität fehlen, und so probierten wir die dort angebotenen Kaktusfrüchte,
neben Erdnüssen so ziemlich das einzig Essbare, was sich in dem rauen Klima auf Penghu ernten lässt.
Schmeckten nicht schlecht, aber bald fanden wir heraus, dass das leicht säuerliche Eis,
welches aus den Kaktusfrüchten hergestellt wird, wesentlich besser schmeckt und darüberhinaus bei über 30 Grad im Schatten einen angenehm erfrischenden Effekt hat.
Abends ging es mal wieder nach Magong,
und es gab mal wieder Meeresfrüchte:
Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, denn wir stachen in See, um den umliegenden kleinen Inseln einen Besuch abzustatten.
Als erstes wurde Qimei angesteuert, was man mit "7 Schönheiten" übersetzen könnte.
Der Legende nach ertränkten sich dort die 7 schönsten Mädchen, um der drohenden Vergewaltigung durch anrückende japanische Soldaten zu entgehen. Dem weiteren Verlauf der Legende nach entsprossen dem Brunnen kurz darauf 7 Bäume.
Ein weiterer Haltepunkt war eine "Little Taiwan" genannte Basaltformation, die in der Tat wie eine Landkarte Taiwans aussieht.
Die restliche Küste ließ Erinnerungen an die Bretagne aufkommen.
Das beste jedoch kam erst noch, das absolute Pflicht-Fotomotiv für jeden Penghu Touristen:
Es handelt sich um keine (linkshänder) Wassergitarre, sondern um eine traditionelle Fischfalle: bei Flut schwimmen die Fische hinein, vergessen jedoch (wegen der schönen Fallenform?) rechtzeitig wieder hinauszuschwimmen und können ergo bei Ebbe geerntet werden.
Auf der nächsten Insel gab es eine alte, teilweise verfallene Fischersiedlung zu besichtigen,
einige Häuser werden jedoch gerade renoviert, so dass man wieder drin wohnen kann.
Auf dem Rückweg gab es noch einen Stopp auf einer windumtosten Mini-Insel,
deren einzige Straße wir mit einem Motoroller befuhren.
45 Minuten Aufenthalt reichten, um sich alles anzusehen.
Es ging zurück nach Magong, und für uns brach der letzte Abend auf Penghu und in Taiwan an, den wir noch einmal bei Izns Großvater verbrachten.
Er freute sich sehr über unsen Besuch, erschrak sich jedoch heftig, als Izn ihn zum Abschied umarmen wollte und machte gleich einen Sprung zur Seite. Nachdem er jedoch über diese westliche Form der Verabschiedung aufgeklärt war, setzte er sein neu erworbenes Wissen gleich ein und fiel mir um den Hals, süß!
In der Hoffnung, ihn einmal wieder sehen zu können fuhren wir schweren Herzens zum Hotel, unser Jahr auf Taiwan war nun definitiv zu Ende. Die Reise nach Penghu war ein würdiger Abschluss, sollten wir wiederkommen, werden wir definitiv länger als nur 4 Tage dort bleiben!
Als letzte Etappe stand noch einmal ein Kontrastprogramm zum chilligen Penghu an: Hongkong.
Wir aber sagen:
Sonntag, 11. Oktober 2009
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