Sonntag, 11. Oktober 2009

Penghu

[von sönke]

Ein wenig wehmütig war uns schon zumute, als wir uns am Flughafen von Kaohsiung und unserer lieben japanischen Komillitonin Zhizi verabschieden mussten,


Abschiedsfoto am Flughafen

aber nach all dem Pack- und Organisationsstress waren wir doch froh, als wir letztendlich mit einer zweimotorigen Propellermaschine gen Penghu abhoben.


Ob die Maschine was taucht?

Dieser taiwanische Archipel liegt im Südchinesischen Meer zwischen Taiwan und China, eine halbe Flugstunde von "Festland" Taiwan entfernt. Izn Mutter begleitete uns, denn sie ist dort geboren und nahm die Gelegenheit war, ihren Vater in ihrem Heimatdorf zu besuchen. Wir wussten noch nicht so genau, wo wir uns einquartieren wollten und hatten den Plan, uns erst einmal umzusehen, ob sich eine Unterkunft am Strand finden ließe.

Aaaaaah! Herrlich....

Am Flughafen auf Penghu angekommen wurden wir sogleich in der Empfangshalle von einem verschwitzten, stinkenden, betelnusskauenden Taxifahrer bedrängt, bloß schnell unsere Sachen in sein Taxi zu packen, er wolle uns fahren, wohin auch immer. Wir lehnten dankend ab, denn wir wollten zuerst am Touristen-Informationsschalter in Erfahrung bringen, ob sich ein unseren Wünschen entsprechendes Hotel finden ließe. Der Taxifahrer erwies sich jedoch als hartnäckig, immer wieder unterbrach er unseren Dialog mit dem Infoschalter-Personal, wir sollten endlich losfahren, so dass wir nach einer Weile etwas genervt reagierten.

Just zu diesem Zeitpunkt teilte uns Mama Hsu, die sich all die Zeit über dezent im Hintergrund gehalten hatte, ganz beiläufig mit, dass der Taxifahrer übrigens ein alter Schulkamerad von ihr sei, sie habe ihn gebeten, uns abzuholen und uns herumzufahren, bis wir ein schönes Hotel gefunden hätten...
Großartig, das hätte man ja nicht vorher sagen können. Wir stiegen kleinlaut ins Taxi, der Fahrer fuhr uns fröhlich mit Mama Hsu auf taiwanisch schnatternd durch die Gegend und wir fanden bald eine Bleibe.
Die Hotelbesitzerin fuhr uns gleich zum Mopedverleih, und so waren wir mobil, um zum Strand zu fahren, denn das einzige Hotel direkt am Strand hatte nur noch riesige Familiensuiten frei und war uns zu teuer.

Auf dem Wasser wurde ordentlich gesurft, denn es wehte ein leichter ablandiger Wind und es liefen kleine, aber dafür sehr saubere Wellen an den Strand.

Wir waren leider nicht dabei...

Leider währte dieser Zustand nur unseren Ankunftstag, so dass wir keine Möglichkeit zum Wellenreiten mehr bekamen, aber ein schöner Anblick war es allemal. Am Abend fuhren wir nach Magong, der einzigen Stadt auf Penghu, und schlugen uns die Bäuche mit frischem Seafood voll.

Frische Muscheln!

Vor den Restaurants stehen Aquarien mit allerlei Meeresgetier, man zeigt auf ein Exemplar seiner Wahl und bekommt dieses alsbald wahlweise gekocht, gebraten oder gegrillt appetitlich auf einem Teller angerichtet, herrlich!

Austern sind auf Taiwan nichts Besonderes und daher sehr günstig.

Ein kulinarischer Genuss der besonderen Art wurde uns zuteil, denn wir bekamen das Blut der von uns bestellten Languste in einem Glas mit Reiswein an den Tisch gebracht! Die bläulich schimmernde Substanz schmeckt wie Meerwasser, ist aber wahrscheinlich äußerst gesund...

Radioaktiv? - Nee, bloß Langustenblut in Reiswein...

Mit einem Kuchen zum Nachtisch restlos abgefüllt ging es zurück ins Hotel.

Konditorei auf taiwanisch!

Beim Frühstück am nächsten Morgen fühlten wir alle drei uns an Urlaube an der Nordsee erinnert, und irgendwie ist die Stimmung auf den Penghu Inseln tatsächlich ein wenig mit Dänemark, Amrum etc. vergleichbar: kaum Straßenverkehr, kaum Bäume, immer eine leichte Brise, saubere Luft und ein irgendwie tiefenentspanntes Gefühl...

Watt is dat denn?

Nur das Wetter ist viel wärmer, die Preise viel niedriger, und die vielen Tempel scheinen auch nicht so recht ins Bild zu passen...

Typisches Küstenbild

Wir sattelten unsere Leihmopeds und brachen auf zur großen Inselumrundung: Von einem Ende zum anderen sind es etwa 40 Kilometer, eine gute Distanz für eine Tagestour.

Blick auf die Walfischhöhle

Weiße Sandstrände, einsame Buchten mit Korallenriffen und Basaltklippen wechseln sich ab,

Penghu rocks!

skurrilerweise fanden wir unweit des größten (und schönsten) Strands der Insel eine militärische Gedenkstätte.

Drohgebärden in Richtung Volksrepublik

Panzer, Raketen, Haubitzen und Düsenjäger erinnern daran, dass der Feind in Form des "großen Bruders" VR China hier aus dem Westen kommt.

Volles Rohr!

Eine eigentümliche Atmosphäre allemal, beim weiteren Erkunden der Anlage, die eine (kleinere) Kopie der Chiang Kaishek Gedenkhalle in Taipeh beherbergt,

A walk in the park...

fanden wir jedoch auch einen schönen Kakteengarten und einen hübsch angelegten Teich im japanischen Stil, so dass man die schweren Waffen glatt ausblenden und sich vom Wellenrauschen einlullen lassen konnte. Das war dann auch das Stichwort, und wir nutzten die Gelegenheit zu einem Bad im mit 27 Grad angenehm temperierten Meer.

Wir setzten unsere Inselerkundung fort und besuchten am Abend Mama Hsu in ihrem Heimatdorf Shili,

Das Tourismus Büro in Shili wurde dicht gemacht...

wo wir auch Izns Großvater kennenlernten, den sie vor über 20 Jahren, bei ihrem 1. Taiwanbesuch, zum letzten Mal gesehen hatte. Dieser erfreut sich trotz seiner 80 Lenze bester Gesundheit und nutzte die Gelegenheit, mit uns über den nächtlichen Strand zu spazieren.

...denn an diesem Strand will man sich schließlich nur ungern aufhalten.


Einzig bei der anschliessenden obligatorischen Seafood-Schlacht

Heute mal gegrillt!

Hummerkrabben!

musste er sich durch Izns Onkel vertreten lassen, da er spätes Essen nicht gewohnt ist.
Wir ließen den Abend nach taiwanischer Sitte ausklingen und machten es uns auf kleinen Plastikhockern vor Mama Hsus Elternhaus bequem.

Powerchilling auf taiwanisch!

Am nächsten Tag schwangen wir uns wieder auf unsere Mopeds, um einen 400 Jahre alten Tempel zu besichtigen, der selbstverständlich Mazu, der Meeresgöttin gewidmet ist.

Der alte Mazu Tempel wird mittlerweile von einer Halle vor Wind und Wetter geschützt.



Es folgte ein Besuch des Aquariums, in dem allerelei Meeresgetier zu bewundern ist, welches sich in den Gewässern um Penghu tummelt.

Meeresschildkröten

Ein Fall für den Kieferorthopäden...


Weihnachten ist doch noch 4 Monate hin...

Als letzte Attraktion stand ein Besuch eines riesigen Banyan Baumes an, der in einen Tempel übergeht.

Baum-Tempel Konglomerat

Es ist kaum zu glauben, dass es sich nur um einen einzelnen Baum handelt, er bildet eine große, grüne Halle. Damit er nicht zusammenbricht, wird er von einem System von Rundbögen gestützt.

Licht am Ende des Tunnels

Natürlich darf an so einem Ort auch keine kulinarische Spezialität fehlen, und so probierten wir die dort angebotenen Kaktusfrüchte,

Eine der wenigen Pflanzen, die auf Penghu wachsen

neben Erdnüssen so ziemlich das einzig Essbare, was sich in dem rauen Klima auf Penghu ernten lässt.

Sieht aus wie rohes Fleisch, ist aber streng vegan!

Schmeckten nicht schlecht, aber bald fanden wir heraus, dass das leicht säuerliche Eis,

Viel besser als die ollen Früchte!

welches aus den Kaktusfrüchten hergestellt wird, wesentlich besser schmeckt und darüberhinaus bei über 30 Grad im Schatten einen angenehm erfrischenden Effekt hat.

Powerchilling auf taiwanisch Teil II

Abends ging es mal wieder nach Magong,

Graue Stadt am grauen Meer?

und es gab mal wieder Meeresfrüchte:






Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen, denn wir stachen in See, um den umliegenden kleinen Inseln einen Besuch abzustatten.

War ganz schön früh...

Als erstes wurde Qimei angesteuert, was man mit "7 Schönheiten" übersetzen könnte.

Er gehört nicht zu den 7 Schönheiten: unser Reiseführer

Der Legende nach ertränkten sich dort die 7 schönsten Mädchen, um der drohenden Vergewaltigung durch anrückende japanische Soldaten zu entgehen. Dem weiteren Verlauf der Legende nach entsprossen dem Brunnen kurz darauf 7 Bäume.

Ein Gebet für die 7 unglücklichen Schönheiten

Ein weiterer Haltepunkt war eine "Little Taiwan" genannte Basaltformation, die in der Tat wie eine Landkarte Taiwans aussieht.

Little Taiwan

Die restliche Küste ließ Erinnerungen an die Bretagne aufkommen.

Klippen auf Qimei

Das beste jedoch kam erst noch, das absolute Pflicht-Fotomotiv für jeden Penghu Touristen:

Was ist schon Luftgitarre, Wassergitarre rulez!

Es handelt sich um keine (linkshänder) Wassergitarre, sondern um eine traditionelle Fischfalle: bei Flut schwimmen die Fische hinein, vergessen jedoch (wegen der schönen Fallenform?) rechtzeitig wieder hinauszuschwimmen und können ergo bei Ebbe geerntet werden.

Auf der nächsten Insel gab es eine alte, teilweise verfallene Fischersiedlung zu besichtigen,

Alte Fischersiedlung

Wuchernde Kakteen

einige Häuser werden jedoch gerade renoviert, so dass man wieder drin wohnen kann.

Wenn man schon dort wohnt, kann man auch gleich was verkaufen!

Auf dem Rückweg gab es noch einen Stopp auf einer windumtosten Mini-Insel,

Rauhes Penghu

deren einzige Straße wir mit einem Motoroller befuhren.

Cooler Highway!

45 Minuten Aufenthalt reichten, um sich alles anzusehen.


Guanyin wacht über die Sisalpflanzung

Siedlung auf der Mini-Insel

Es ging zurück nach Magong, und für uns brach der letzte Abend auf Penghu und in Taiwan an, den wir noch einmal bei Izns Großvater verbrachten.

3 Generationen

Er freute sich sehr über unsen Besuch, erschrak sich jedoch heftig, als Izn ihn zum Abschied umarmen wollte und machte gleich einen Sprung zur Seite. Nachdem er jedoch über diese westliche Form der Verabschiedung aufgeklärt war, setzte er sein neu erworbenes Wissen gleich ein und fiel mir um den Hals, süß!
In der Hoffnung, ihn einmal wieder sehen zu können fuhren wir schweren Herzens zum Hotel, unser Jahr auf Taiwan war nun definitiv zu Ende. Die Reise nach Penghu war ein würdiger Abschluss, sollten wir wiederkommen, werden wir definitiv länger als nur 4 Tage dort bleiben!

Letzter Blick auf Taiwans Berggipfel

Als letzte Etappe stand noch einmal ein Kontrastprogramm zum chilligen Penghu an: Hongkong.

Wir aber sagen: